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Coming-out-Film: "Aus der Haut"

Coming-out-Film: "Aus der Haut"

MDR/UFA Fiction/Michael Kotschi

Der Teenager Milan will sich umbringen, weil er versucht hat, seinen besten Freund zu küssen. Der Fernsehfilm "Aus der Haut" reiht sich zwar nahtlos in andere Coming-of-Age-Filme ein, ist aber trotzdem sehenswert.

Milan (Merlin Rose) wächst ziemlich wohlbehütet auf. Bürgerlich-liberale Familie, die Mutter Ärztin, der Vater Architekt. Eigenes Haus mit Garten, Ikea-Möbel. Trotzdem baut der Teenager viel Scheiße, nimmt Drogen, raucht im Wohnzimmer, lässt sich nichts sagen.

Und dann, ganz plötzlich, merkt er auch noch, dass er irgendwie auf Jungs steht. Sein bester Freund Christoph (Leonard Proxauf) ist bei ihm zu Hause. Sie sitzen auf der Couch, Milan hat gerade per Handy Schluss mit seiner Freundin Larissa (Nicole Mercedes Müller) gemacht. Es führt eins zum anderen, sie wichsen zusammen, bis es Milan überkommt: Er will Christoph küssen, der reißt sich los, verschwindet.

Milans Coming-out: Juhu, er ist nur schwul Milan trinkt. Nein, er säuft. 1,7 Promille wird die Polizei später feststellen, nachdem der Schüler mit dem Auto des Vaters einen Unfall gebaut hat. Nein, kein Unfall. Ein Selbstmordversuch. Milan wollte sich das Leben nehmen, weil er nicht damit klarkommt, dass er auf Jungs steht.

Wie zeitgemäß ist ein solcher Film? Ja, die Suizidrate unter LGBTIQ*-Jugendlichen ist höher als die unter heterosexuellen Gleichaltrigen. Ja, "schwul" ist ein häufiges Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen.

Seine Mutter will ihren Sohn verstehen, der lässt sie am Anfang aber nicht an sich ran.
Seine Mutter will ihren Sohn verstehen, der lässt sie am Anfang aber nicht an sich ran.

MDR/UFA Fiction/Michael Kotschi

Doch was ist es für ein Zeichen, wenn Mainstream-Filme fast ausschließlich die Schattenseiten des Schwulseins die nicht einmal jeden betreffen zeigen? Ist es nicht an der Zeit, dass auch heterosexuelle Regisseure erkennen, dass das Coming-out nicht das einzige Thema schwuler Jugendlicher ist? Zumal Milans Eltern hinter ihm stehen und sich sogar darüber freuen: Juhu, der Junge ist nur schwul und nicht manisch depressiv.

Eine emotionale Tiefe, wie sie selten in Fernsehfilmen ist

Eine Freundin, die Milan nicht liebt, der beste Kumpel, den er küssen will, der Selbstmordversuch, die Drogen, die erste Schwulenparty, das erste Mal passiver Analsex, der am Anfang wehtut und den Milan dann doch genießt: "Aus der Haut" bedient sich allen Zutaten (und ein paar mehr), die ein typischer schwuler Coming-of-Age-Film so braucht. Vom Drehbuchautor Jan Braren, der 2011 das Buch zum bemerkenswert-realitätsnahen "Homevideo" schrieb, hätte man mehr erwarten können.

Harro (l.) ist eine Partybekanntschaft von Milan, mit der er sein erstes Mal haben wird.
Harro (l.) ist eine Partybekanntschaft von Milan, mit der er sein erstes Mal haben wird.

MDR/UFA Fiction/Andreas Wünschirs

Und dennoch ist "Aus der Haut" ein sehenswerter Film. Denn die Schauspieler, allen voran Merlin Rose als Milan und seine Eltern Susann (Claudia Michelsen) und Gustav (Johann von Bülow) geben dem Film eine emotionale Tiefe, die den Zuschauer mitreißt, aufwühlt, und die für einen Fernsehfilm durchaus herausstechend ist.

Teenager und Erwachsene: Andere Atmosphäre, dieselben Probleme

Daneben sind es die Dialoge, manchmal lustig, immer authentisch, die es auch jungen Zuschauern ermöglichen, sich mit dem Film zu identifizieren. Da zeigt Jan Braren doch, was er kann. Die Kameraführung von Michael Kotschi, die vor allem durch Close-Ups besticht, vermittelt das Gefühl, unmittelbar und ganz nah dabei zu sein.

Geschickt löst Regisseur Stefan Schaller die Wechsel zwischen Teenager- und Erwachsenenwelt. Die Atmosphäre mag anders sein, aber die Probleme sind in beiden Altersgruppen dieselben: Wohin möchte ich? Was ist mir wichtig? Was bin ich bereit, dafür zu geben?, fragen sich auch Milans Eltern. Essentielle Fragen, die uns wohl unser Leben lang begleiten. Und die sich auch schwule Jugendliche stellen, ganz unabhängig vom Coming-out. Vielleicht wäre das einmal einen Fernsehfilm wert.

Weitere Quellen: © MDR/UFA Fiction, Fabian

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